Die irritierende fremde Vertrautheit

Zu den malerischen Arbeiten Anni Kenn-Fontaines

Ausgangspunkt der Arbeiten Anni Kenn-Fontaines sind Gefühle, Gedanken und Assoziationen, die sie in Worten ungeordnet und unsortiert auf die Leinwand schreibt. Insofern entstehen ihre Bilder eigentlich zuerst als Notiz, formal als Zeichnung, als skripturales Bild. Über diese Anhäufung von kreuz und quer notierten Worten lasiert sie in mehreren Schichten, um die Lesbarkeit der Wore in eine Gestik des Graphischen zu überführen. Im Anschluß daran erfolgt die Anlage einer kompakten, festen Form durch pastos abdeckende Farbe, und erzeugt so den Bildraum. So spiegelt sich in ihren Bildern immer der Dialog zwischen dem Eigenen und dem Fremden, wobei die Beziehung zwischen kraftvollen Schriftzeichen, der Lasierung und der geschlossen abdeckenden, Form gebenden Fäche für die stets irritierende fremde Vertrautheit zwischen Ich und Du stehen kann, die aus unserer Unfähigkeit entsteht, den Augenblick so zu bewahren, wie er gerade ist, und ihn gegen eine sich stets verändernde Erinnerung einzutauschen.

Mathias Beck